Kopfzeile

Inhalt

Gustav Pfau-Schellenberg

Im Jahre 1815 erblickte Gustav Pfau als Sohn eines Stadtrats von Winterthur das Licht der Welt. Die Eltern liessen dem Knaben die beste Ausbildung zukommen, die damals möglich war. Als Neffe von Johann Heinrich Mayr, dem Textilunternehmer in der Bleiche bei Arbon, lernte Gustav den Oberthurgau kennen, den er mit seinem Onkel stundenlang durchstreifte. Mit 12 Jahren brachte ihn sein Onkel in ein Erziehungsinstitut in Trogen, wo er stark unter den Lateinstunden litt. 1830 holte ihn Mayr zu sich und beobachtete, wie sich der Junge für exaktes Zeichnen begeisterte; er war sehr fleissig und genau. Das waren gute Voraussetzungen für einen Mechaniker. Leider war der Knabe aber so kurzsichtig, dass er auf 6 Schritte niemanden erkannte; nur ganz nahe sah er sehr scharf.
1831 begann Gustav die Lehrzeit als Mechaniker bei Georg Öri in Zürich. Mit viel Einsatz wurden seine Arbeiten immer besser. 1838 eröffnete er in Winterthur als ‚Mechanicus’ und ‚Opticus’ eine eigene Werkstatt. Er hatte einen guten Ruf und bekam sogar ein Angebot an die Sternwarte von Petersburg. Leider hinderte ihn seine Kurzsichtigkeit daran. Er heiratete 1839 Susanne Schellenberg aus Winterthur. Sein Augenleiden wurde aber immer schlimmer, und die Ärzte rieten ihm, sich der Landwirtschaft zuzuwenden. Er erinnerte sich nun an seine Jugendzeit bei seinem Grossonkel, und so stiess er auf das ‚Schloss Gristen’, ein Landgut, das bis anhin den Namen ‚Gasthaus zur frohen Aussicht’ getragen hatte. Es war ein grosser Besitz mit viel Rebland, wo Gustav auch Obstbäume pflanzen wollte. Als vermögender Mann war er nicht auf grosse Ernteeinnahmen angewiesen. Es ging ihm viel mehr um die Qualitätsverbesserung der Sorten, und so wurde er ein eigentlicher Forscher. Er verschlang alle landwirtschaftlichen Schriften. Bald war er einflussreiches Mitglied des thurgauischen landwirtschaftlichen Vereins und hielt Vorträge. Seine bevorzugten Themen waren Obst- und Rebbau sowie Bienenzucht. 1852 wurde er auch Kantonsrat. Mittlerweile arbeitete er auch als Redaktor der Monatszeitschrift für Obst- und Weinbau. 1861 wurde er Mitbegründer des schweizerischen Bienenzüchtervereins und zwei Jahre später gründete er in Sulgen den thurgauischen Bienenzüchterverein. 1863 gab er das Buch ‚50 Schweizerische Apfelsorten’ heraus.1864 wurde er Gründer und Präsident des Schweizerischen Obst- und Weinbauvereins. 1873 verfasste er seine ‚Pomologische Terminologie’ worin er 99 thurgauische Äpfel- und 33 Birnensorten nach allen möglichen Kriterien beschrieb. 1877 gründete Pfau schliesslich mit einem Komitee zusammen den Landwirtschaftlichen Lokalverein Egnach. Waren es anfangs 40, so stiegen die Mitgliederzahlen auf 200. An einer Ausstellung wurden 80 Obstsorten gezeigt. Es ist unglaublich, was dieser Mann leistete, draussen bei Obst und Reben und an seinem Schreibtisch mit neuen Büchern, Redaktionsarbeiten und Korrespondenzen landesweit. Im Juni 1881 wurde Gustav plötzlich krank und starb mit 66 Jahren. Seine Frau pflegte das Gut noch sieben Jahre lang bis auch sie von der schweren Arbeit erlöst wurde. Gustavs Arbeiten sind aber dermassen wegweisend, dass das Buch über ‚50 Apfelsorten’ 1998 neu aufgelegt wurde als Standardwerk. 2007 erschien auch das Buch über die Birnensorten in neuer Auflage.
Schloss Gristen
Icon